Dienstag, 2. August 2022

Ostseesegeln 2022 - Einmal Südsee und zurück

Durch die Dänische Südsee

In Svendborg schloss sich uns für einige Tage Lu an. Mit ihr starteten wir zunächst gegen den Wind unter Motor westwärts aus dem Svendborgsund, bevor wir unter Segeln etwas abbiegen konnten. An grösseren und kleineren Südsee-Inseln vorbei ging es auf Lyö zu. Bereits kurz vor zwei kamen uns Segler aus der Hafeneinfahrt entgegen und signalisierten unmissverständlich, dass der Hafen bereits überfüllt ist. Nach einigem Hin- und Her segelten wir ein Stück zurück und wendeten uns dann nach Norden ins schöne Faaborg, wo wir im Stadthafen einen der letzten Plätze ergatterten. Neben uns lag eine nette deutsche Familie mit ihrer 25jährigen Tochter, die derzeit in Winterthur ein Praktikum absolviert und sich über den Schweizerdeutsch-Unterricht unserer Jungs freute.

In Faaborg legten wir – ausnahmsweise durch Flaute bedingt – einen faulen hochsommerlichen Hafentag mit Ostseebaden ein. Endlich war es mal wieder so richtig heiss! Da der Wind günstig stand, beschlossen wir dann, noch einmal etwas nordwärts an den Kleinen Belt heranzusegeln. Das Ziel war das Inselchen Aarö. Unterwegs passierten wir ausserordentlich viele grössere und kleinere Traditionssegler, die das herrliche Segeln mit achterlichem Wind genossen. Mit dabei war auch die Amphitrite, eine tolle klassische Segelyacht, dem Vernehmen nach die älteste noch segelnde Yacht Deutschlands, gebaut 1887. 

In Aarö wurden wir vom freundlich-bestimmten Hafenmeister ins Päckchen gelotst und konnten die kleine Insel ein Stück weit erkunden. Sehr weit kamen wir nicht, da das Thermometer an diesem Tag bestimmt auf über 30 Grad geklettert war und uns die Hitze ziemlich zusetzte - schliesslich lag die durchschnittliche Temperatur auf unserer Reise eher bei 18° als bei 28°. Zum Glück konnten wir uns bei einem Ostseeschwumm zum vorgelagerten Floss direkt neben dem Hafen ordentlich abkühlen.

Südwärts

Von Aarö aus segelten wir wieder südwärts in den Alssund hinein, wo uns wieder einmal mehr böiger Wind entgegenblies, als angekündigt war. Aber wir erreichten ohne Probleme Sönderborg, wo auch schon das königliche dänische Schiff Dannebrog lag. Offenbar war die Königin oder ein Teil ihrer Familie auf Ferienreise unterwegs. 

Sönderborg selbst hat am Hafen ein beeindruckendes Schloss und überraschte uns hinter der eher tristen Hafenkulisse mit einer grossen, hübschen und sehr belebten Fussgängerzone.

Obwohl unsere Pläne anders aussahen, wurde Sönderborg schliesslich unsere letzte Station in Dänemark. Während die kurzfristigen Wettervorhersagen gut waren, sah es mittelfristig mindestens unklar aus. Wir segelten von Sönderborg aus nach Kappeln an der schönen Schlei. An der Schleimündung bliesen uns kurzzeitig Böen über 38kn entgegen, aber in der Marina der Scalar-Werft fanden wir ein ruhiges Plätzchen, von dem aus das Zentrum von Kappeln in 10 Gehminuten gut erreichbar war.

Am Folgetag schnupperten wir schon einmal in die Kieler Bucht hinein - natürlich ordnungsgemäss um das Sperrgebiet nördlich vom Stollergrund herum. 

Wir fuhren nach Schilksee, wo Lu uns verliess und dafür Schwager und Neffe aus Berlin noch einmal zustiegen. Schilksee ist das deutsche Sport-Segel-Mekka – sozusagen. Das Olympiazentrum von 1972 beeindruckt durch seine Präsenz, aber eher nicht durch überragende Schönheit.

Nordwärts und zurück

Wie es weitergehen sollte, war unklar. Plan wäre gewesen, noch einmal in Richtung Dänische Südsee zu segeln, aber die Windvorhersagen waren sehr unklar. Zu viel Wind aus W, insbesondere mit starken Böen und nach den Erfahrungen der letzten Tage und Wochen mit noch stärkeren Böen als ohnehin angesagt. Teilweise hatten wir 10-12kn Wind mehr als an Spitzenwerten angekündigt gewesen wären. Also ging es zunächst noch einmal in die Schlei und in den gemütlichen Hafen von Maasholm. 


Dort warteten wir einen Tag ab und wollten dann nach Eckernförde. Aber der Wind liess das (aus unserer Sicht) nicht zu. Zu sehr kachelte es uns entgegen, so dass wir schon früh beschlossen, nach Damp abzubiegen. Die Entscheidung fiel uns nicht leicht, hatten wir doch beim Vorbeisegeln vor ein paar Tage gesagt, dass wir nie an so einem hässlichen Ort - mit düsteren, klobigen Wohnblöcken im Hintergrund – anlegen möchten. Nun aber war der Wind zu stark und Damp ein sicherer Hafen und gar nicht so schlimm wie befürchtet. Die Kinder fanden es sogar toll, dass man da so viel Unterhaltung bekam: Kinderdisko am Strand inklusive Entertainer, Burger und Pommes in Massen, Hallenbad und Sauna, Crèpes-fressende Möwen, Dingisegeln bei Starkwind, kaltes Ostseebad, Fussball am Strand, etc. pp.

Als der Wind endlich nachliess segelten wir mit viel Geduld und Musse bei knappen 8 kn Wind weiter südwärts nach Strande zum Eingang der Kieler Bucht. Für die 15 sm brauchten wir 6 Stunden – ein neuer Rekord in der Entdeckung der Langsamkeit. Strande ist geprägt von herrlichem Wetter, netten Restaurants, gut gekleideten Gästen und sportlichen Windsurfern. 

Ein wunderbarer Hafen für unseren letzten Abend. Die Jungs paddelten nochmals intensiv mit dem Dingi hin und her und genossen das Leben am Hafen.

Abschluss

Am nächsten Tag – dem letzten unserer Reise – briste es noch einmal auf. Mit schönem Segelwind aus Ost kreuzten wir noch 2-3 Mal an der Kieler Bucht entlang, sahen Schweinswale und hangelten uns dann auf Laboe zu. Nach dem obligatorischen Volltanken fanden wir auf Anhieb unseren Liegeplatz wieder und machten zum letzten Mal die Nr. 7 fest. Nonna und Nonno waren schon da. Sie übernahmen den Rücktransport unseres Gepäcks mit dem Auto. Es ging also ans Einpacken, Ausräumen und Putzen. Pünktlich um 16 Uhr gaben wir die Nr. 7 zurück und verabschiedeten uns etwas wehmütig von unserem schwimmenden Zuhause der letzten 13 Wochen.

Kurzbilanz

1473 Seemeilen: davon 800 nur unter Segel, ca. 100 unter Segel und Motor, den Rest unter Maschine.

58 Häfen: Laboe – Burgtiefe – Kühlungsborn – Hohe Düne – Kloster – Stralsund – Lauterbach – Sassnitz – Rönne – Tejn – Christiansö – Utklippan – Sandhamn – Kalmar – Stora Rör – Sandvik – Figeholm – Västervik – Fyrudden – Arkösund – Broken – Skansholmen – Rastaholm – Stockholm Wasahamn – Härsö – Utö – Öja – (Broken –) Mem – Brodtom – Berg – Motala – Forsvik – Töreboda – Sjötorp – Spiken – Vänersborg – Kungälv – Göteborg Lilla Bommen – Vinga – Skagen – Laesö Vesterö – Grenaa – Öer – Tunö – Kolby Kaas – Ballen – Kerteminde – Nyborg – Svendborg – Faaborg – Aarö – Sönderborg – Kappeln – Schilksee – Maasholm – Damp – Strande (– Laboe).

22 Inseln: Fehmarn – Hiddensee – Rügen – Bornholm – Christiansö – Frederiksö – Utklippan – Öland – Bla Jungfrun – Broken – Mörkö – Rastaholm – Härsö – Utö – Öja – (Broken –) Kallandsö (im Vänernsee) – Vinga – Laesö – Tunö – Samsö – Fünen – Aarö.

Sonntag, 17. Juli 2022

Ostseesegeln 2022 - Durch den Grossen Belt

Tunö

Die kleine Insel Tunö – ich schrieb es schon beim letzten Mal – gefiel uns auf Anhieb sehr gut. Wir blieben 3 Tage dort, um wieder einmal auf besseren Wind zu warten. Trotz Starkwind war das Wetter aber sehr schön und sommerlich. Auf einem kleinen Pfad kann man die Insel in etwa 2-3 Stunden einmal umrunden. Der Weg ist knapp 9 km lang und führt durch erstaunlich abwechslungsreiche Landschaften für eine so kleine Insel. Sandstrand gefolgt von sandiger steiler Abbruchküste, Felder von Wiesen und Brachland, dichte Eichenwälder, im Norden steinige Strände. Beim vorherrschenden westlichen Starkwind war die Westspitze mit Blick in Richtung Windpark und nach Aarhus besonders eindrücklich.


Im Hafen lagen wir neben einer 31-Fuss-Jeanneau, die Mikael und Anita mit ihren (fast erwachsenen) Kindern und dem Hund Luna gehört. Wir verstanden uns gut und tauschten verschiedene Gaben: Sie halfen uns mit Bargeld für Waschmaschine und Bauerhofstand (frische Erdbeeren und neue Kartoffeln!), wir versorgten sie mit Landstrom von der Hafenkarte und mit Pflastern gegen Anitas Rückenschmerzen…

Samsö

Bei eher schwachem Wind ging es dann gemütlich weiter südwärts zur Insel Samsö. Eigentlich wollten wir um die Südspitze herum und vielleicht sogar danach weit nach Norden. Aber der schwache Wind veranlasste uns, bereits nach 9sm in Kolby Kaas Station zu machen. 

Der ehemalige Fährhafen ist quasi verlassen und verwahrlost mehr oder weniger. Dänen, die wir darauf ansprachen, äusserten auch wenig Verständnis dafür, dass man da überhaupt hinfährt. Wenn man Ruhe sucht, ist es sicher eine gute Adresse. 

Hier buchten wir nach einigem Aufwand per App ein kleines Elektroauto, das allerdings nur für eine halbe Stunde frei war. Das reichte immerhin für eine Tour zum Leuchtturm auf der SO-Spitze der Insel und zurück.

Am nächsten Tag war Kontrastprogramm angesagt: Wir fuhren nach Ballen, dem Haupthafen der Insel. Als wir gegen Mittag ankamen, mussten wir bereits als vierte Reihe ins Päckchen. Der Hafen war bereits sehr voll, und er füllte sich bis am Abend noch erheblich mehr. Hier tobt offenbar das High Life in den dänischen Sommerferien. Und zudem war für die kommende Woche das Samsö-Festival angesagt. Wir genossen vor allem den leckeren geräucherten Fisch – Pfeffermakrele, Steinbutt, Lachs – mmmhhhh! Wir nutzten noch einmal die App und mieteten wieder ein E-Auto, dieses Mal für 2.5 Stunden. Das reichte bis an die geschützte flache Bucht im NW der Insel, ans Besser Rev und zum Hafen Langör. Die Sonne kündigte uns schon einmal den Starkwind der folgenden Tage an.

Ein sehr schöner Ausflug, bei dem wir die Insel wenigstens etwas kennenlernen konnten. Leider hatte sich schon zwei Tage zuvor herausgestellt, dass wir entgegen unserer Planung doch schon früher weiterfahren mussten. Wieder war starker Westwind angesagt, und das macht die Passage von Samsö in den Grossen Belt doch sehr ungemütlich. Das durften wir schon bei mittlerem Wind am nächsten Tag zur Genüge erfahren.

In den Grossen Belt

Da unsere Nachbarn (innenliegend) um 6 Uhr wegfahren wollten, wir ihnen also Platz machen mussten, schlossen wir uns kurzerhand mit der Aufbruchszeit an. Die beiden Boote, die noch aussen an unser Päckchen gekommen waren, machten es genauso. Der Morgen begann bei mässigem Wind und wenig Welle, aber beides steigerte sich, sobald wir den Schutz von Samsö verlassen hatten und über die offene Fläche auf den Grossen Belt zuhielten. Besonders um das mittendrin gelegene Flach herum kamen kräftige Wellen von der Seite herangerollt. Alles beruhigte sich wieder, als wir gegen 9:30 Uhr in die Abdeckung von Fünen segelten. Der Wind blieb kräftig, aber die Wellen liessen spürbar nach. Bereits am Mittag erreichten wir Kerteminde. Alles sah ein wenig anders aus, als die Karte vorgab. Ein Baggerschiff war unterwegs und viel Baubewegung war auf den Hafenmolen zu beobachten. Wir fuhren erst in den Kanal, wo aber der Baustellenlärm recht gross war. Daher beschlossen wir, doch in die Marine zu laufen. Nach einem geglückten Boxenmanöver mit viel Seitenwind lagen wir fest und begaben uns zur wohlverdienten Mittagsruhe, aus der wir prompt geweckt wurden, da offenbar während wir anlegten ein norwegischer Segler unsere (eigentlich grün gekennzeichnete) Box für vier Wochen reservierte und uns nun aus der Box vertreiben wollte. Die Hafenangestellte bestätigte dies leider, entschuldigte sich aber vielfach. Es war ihr peinlich, uns wieder wegschicken zu müssen, und sie gab uns sogar die Hafengebühr als Entschädigung zurück. Vielen Dank! Da sich der Hafen mittlerweile gefüllt hatte, ging es wieder in den Kanal – auf Empfehlung der Hafenmeisterin etwas weiter hinein, wo wir in der Tat gut lagen.  

Während wir im Hafen lagen, fielen viele (v.a. deutsche) Boote auf, die die Zeichen der Zeit (Baggerschiffe, gelbe Sperrtonnen vor der Südeinfahrt, fehlende Hafenmole, komische gelb-orange Bälle statt der Mole) nicht recht deuten konnten und prompt mit mehr (einige!) oder weniger Schwung vorwärts und/oder rückwärts auf die unter der Oberfläche liegenden Molenreste aufliefen. Möglicherweise haben wir einige weitere vor diesem Schicksal dadurch bewahrt, dass ich eine kurze Nachricht in der fb-Gruppe Ostseesegler postete.

Durch den Storebelt nach Nyborg

Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf den Weg und segelten bei halbem Wind zur Brücke über den Grossen Belt. Mit unseren 15.5 Metern Masthöhe passen wir gut unter der östlichen Durchfahrt (18m) durch. Grössere Schiffe fahren unter der Hängebrücke weiter westlich durch. 

Das wurde dann aber doch spannend, denn es sah bis zum letzten Moment nicht danach aus. Sicher auch eine Perspektivenfrage, da die Passage unter Eisenbahn und Autobahn hindurch ca. 50m lang ist. Aber Herzfrequenz und Blutdruck waren plötzlich bei allen sehr hoch…

Nach der überstandenen Brückenpassage mussten wir anluven und am Wind weitersegeln. Plötzlich wurde der Wind stärker und es ging nichts mehr. Gegenstrom bremste uns völlig aus. Wir beschlossen, die Fahrt zu verkürzen und direkt ins nahegelegene Nyborg weiterzufahren. Ein riesiger Hafen, reichlich voll, aber quasi nix los. Es schien, als sei die Stadt nach der Tour-de-France-Etappenankunft am 2. Juli in einen langen Erholungsschlaf gefallen. 

Wir blieben zwei Tage hier da weiterhin starker Westwind drohte und auch kam. Wir erwanderten uns die Stadt und ihre Umgebung. Besonders gefiel uns die Südspitze der vorgelagerten Halbinsel mit dem Leuchtturm und dem kleinen Vogelschutzgebiet.

Auf in die Südsee

Erst heute fuhren wir weiter nach Svendborg. Im Hafen von Nyborg tummelten sich derweil zwei Schweinswale. Wie angesagt hatten wir ca. 15kn Wind. Dazu waren Böen um 22kn angesagt. Nun ja. Statt Halbwind wurde es Amwind, statt 22er Böen kamen sie um die 30, teilweise um 35kn. Das schepperte ordentlich, und selbst bei kleinster Besegelung legte sich das Boot kräftig zur Seite. Immerhin gab es kaum Wellen dazu, da wir uns immer noch im Schutz von Fünen befinden.

Toll die Einfahrt nach Svendborg. Wir strebten den Stadthafen an, und prompt kam uns ein Hafenangestellter im gelben Motorboot entgegen, fragte nach Bootsgrösse und Aufenthaltsdauer, funkte kurz mit der Hafenchefin und wies uns dann einen Platz an. Zur Begrüssung gab es noch Lakritz für alle. Keinem von uns schmeckt es, aber trotzdem sehr nett. 

Die Stadt selbst ist hübsch. Bei unserem „Einkaufsbummel“ durch die Fussgängerzone fiel uns erstmals auf, dass ja Sonntag ist. Zum Abendspaziergang am Wasser entlang begrüsste uns noch der Svendborgsund-Delfin Yoda, der hier seit 3 Jahren lebt und die Besucher erfreut. 

Freitag, 8. Juli 2022

Ostseesegeln 2022 - Südwärts durchs Kattegat

Es gab in den letzten Häfen kein oder nur eingeschränktes oder nur sehr schwaches WLAN. Deshalb mussten neue Reiseberichte warten. Nun aber geht es weiter.

Laesö

Wir flüchteten rechtzeitig vor dem Start des Skagen Festivals aus Skagen und wollten bei mässigem NO-Wind entweder auf die Insel Hirsholm oder – falls dort kein Platz wäre – nach Frederikshavn auf dem dänischen Festland. Allerdings kam es anders als von Windfinder und Co vorhergesagt: So hatten wir NW Wind der Stärke 6 mit 7er-Böen. Die Wellen waren erheblich, konnten sie sich doch über Nordsee und Skagerrak bis hinein ins Kattegat aufbauen. Wir schätzen 1.5m, teilweise etwas mehr, die von hinten in kurzen Abständen unter uns durchrollten. Als es Zeit war, den Bug wieder landwärts zu richten, wollten wir das gar nicht. Es hätte bedeutet, die Wellen voll auf die Seite zu kriegen. Nach einem Blick auf die Karte und den Hafenplan beschlossen wir, direkt auf die Insel Laesö zuzusteuern. So konnten wir einen Kurs mit Wind und Welle von hinten fahren. Zudem konnte man im schlimmsten Fall ins Vorbecken des Hafens segeln und erst dort die Segel bergen. Das blieb uns erspart, aber die Fahrt wurde anstrengend, denn bei achterlicher Welle das Schiff auf Kurs zu halten, erfordert doch recht viel Konzentration. Ab und an kommt eine Welle leicht schräg und stört den Rhythmus, dann lehnte sich das Boot doch gewaltig zur Seite.

Aber wir kommen gut in Vesterö an – eine doch recht grosse Marina mit allen (ausser Internet) Annehmlichkeiten. Am nächsten Morgen liehen wir uns ein kleines Elektroauto – witzigerweise stand «Nr. 6» auf dem Schlüssel 

– und erkundeten einen Tag lang die Insel mit ihren abwechslungsreichen Landschaften und ihrer spannenden Geschichte. Wir sahen die Dünen, Sandstrände und Flachwasser im Süden und Osten, einen Seehund im Norden, die alte Salzsiederei und seetang-gedeckte Häuser mittendrin und den Osthafen in Österby.




An einem der Strände lag ein Skelett. Robbe oder Schweinswal? Wir haben auf letzteres getippt.


Nachtfahrt

Einen weiteren faulen Hafentag später fuhren wir bei angesagt schwachem aber sonst recht günstigem Wind und Sonnenschein südwärts. Das Ziel war Bönnerup, etwa 45sm südlich wieder am Festland gelegen. Dieses Mal war der Wind noch etwas schwächer als angesagt. Wir beschlossen dennoch zu segeln und das Unterwasser-Eisensegel ausgeschaltet zu lassen. So dümpelten wir mit 2kn entspannt unserem Ziel entgegen und erwogen die Optionen: (1) Asaa ansteuern, das erheblich näher liegt; (2) Motor an und nach Bönnerup oder (3) die günstige Wettervorhersage für die Nacht nutzen und weitersegeln durch die Nacht bis am nächsten Mittag in Ebeltoft. Wir entschieden uns für Option 3, da schliesslich ein so langer Törn nicht ohne eine Nachtfahrt sein kann, und wir so unser Portfolio der erledigten Dinge noch erweitern konnten. Alle freuten sich darauf und waren auch ein wenig angespannt. 

Die Jungs angelten Makrelen zum Abendessen, der Sonnenuntergang im Nordwesten hinter uns zauberte wunderbare Bilder und es kehrte an Bord eine gespannte Ruhe ein. Gegen 23 Uhr drehte wie angekündigt der Wind auf Ost, was uns halben Wind südwärts bescherte. Nicht schnell, aber stetig wollten wir so bis am Morgen um 6 segeln. Statt 6 Uhr kam der vorhergesagte Winddreher auf Süd aber leider bereits um halb 2. Wir machten ein paar halbherzige Kreuzschläge und entschieden dann, doch den Hafen von Grenaa anzusteuern. Wir fuhren den Hafenlichtern entgegen, hangelten uns an den Leuchttonnen entlang und erreichten die Hafeneinfahrt gerade als es hell wurde und alle Lichter ausgeschaltet wurden. Ein tolles Gefühl, auch das unproblematisch geschafft zu haben.


Grenaa

Nach ausführlichem Schlaf in den Vormittag – in der Nacht haben Melanie und ich doch eher nicht geschlafen – besuchten wir das direkt neben dem Hafen gelegene Kattegat-Center, ein lohnendes Riesenaquarium mit Fischen des Kattegats, Robben und einem Becken mit tropischen Haien. Toll und die perfekte Beschäftigung für eine leicht übernächtigte Familie.

Am nächsten Tag einkaufen, Wäsche waschen, Hafen erkunden und das Wetter studieren. 

Schlecht sieht es aus: Sehr viel Wind aus der falschen Richtung (W), dazu ab und an Regen. Das Panoramabild zeigt schon einmal den Unterschied zwischen geschütztem Hafenbecken und freier See bei etwa 6 Beaufort Wind.

Am Sonntagvormittag fällt nach langem Hin und Her die Entscheidung: Wir fahren noch los und wollen – ggf. auch mit Motor – noch etwas weiter südlich, von wo aus wir besser geschützt liegen und bessere Chancen haben, gegebenenfalls auch bei starkem Westwind noch etwas weiterzukommen. Dieses Mal ist uns Rasmus gnädig. Während Windfinder, Windy und wie sie alle heissen S-SO angeben, prophezeit der dänische Wetterdienst DMI Ostwind. Und den haben wir auch. Wir segeln bei schönem Wind und Wetter bis an die Südspitze von Djursland. 

Dort sehen wir in etwa 6sm Entfernung ein schweres Gewitter durchziehen, bergen die Segel und laufen direkt in die Schleuse zum Hafen von Öer.

Öer

Diese Marina wurde in einer gefluteten Kiesgrube eingerichtet. Weil ihr Wasserspiegel anderthalb Meter höher liegt als die Ostsee, gibt es eine Schleuse. Aber das kennen wir ja schon. Der Hafen liegt inmitten eines Feriendorfes, das auf den Inseln im Baggersee errichtet wurde. Um diese Inseln herum liegen Stege, an denen die Gastboote festmachen. Es gibt v.a. für die Jungs viel zu tun im Feriendorf – Minigolf, Riesentrampolin, Schwimmhalle, Fussballplatz etc. – aber der Service für Gastsegler wäre ausbaufähig. Man fühlt sich manchmal Teil des romantischen maritimen Ambientes – quasi Dekoration – für die Feriendorfgäste. Aber wir verbringen hier dennoch schöne Tage, erdulden den Starkwind und nutzen die Einrichtungen ausgiebig. Zudem besuchen wir mit dem ÖV das nahegelegene Ebeltoft mit der zum Museum ausgebauten Fregatte Jylland, wo die Jungs auch einmal unter Anleitung ein Hanfseil schlagen dürfen.

Zudem verbringen wir Zeit mit der Crew des Schweizer Schiffs «Sealion». Mit Ueli und Esther plaudern wir ausführlich über Schiffe, Fische, Segeln und mehr.

Wieder einige Tage später öffnet sich erneut ein Wetterfenster, das uns erlaubt, nach Süden aufzubrechen. Wir segeln bei anfänglich fast 30kn Wind, später deutlich weniger, die ganze Strecke von nur 16sm bis zur kleinen Insel Tunö – gleich westlich neben Samsö gelegen. Hier gefällt es uns auf Anhieb, wie bislang auf all den besonders kleinen, autofreien Inseln unserer Reise. Aber davon beim nächsten Mal mehr.

Sonntag, 26. Juni 2022

Ostseesegeln 2022 - Wieder nach Dänemark

Trollhätte-Kanal

Von Spiken aus fuhren wir morgens weiter mit Ziel Vänersborg. Wir genossen die Fahrt durch den Schärengarten um Kallandsö. 

Wie gewohnt war der Wind uns nicht gewogen. Kaum hatten wir die Schärenfahrwasser verlassen, blies er uns genau aus Richtung Vänersborg entgegen. Aufgrund der vor uns liegenden Entfernung von ca. 35sm und der Windstärke (6-7) war an Aufkreuzen nicht zu denken. Bei zeitweise viel hackiger Welle von vorn motorten wir nach Vänersborg, wo die letzte Etappe unseres Binnenabenteuers beginnen sollte. Hier startet der Trollhätte-Kanal und die Passage durch den Göta Älv nach Göteborg.

Der Trollhätte-Kanal ist ein anderes Kaliber als der Götakanal. Die Schleusen sind mehr als doppelt so gross und haben bis zu 12m Hub (bzw. in unserem Fall: Fall). Es geht tief hinunter zwischen die Mauern der Schleusen hinein. 

Dazu kommt, dass man mit viel Wartezeit rechnen muss. Wir starteten bereits um 9 Uhr und wollten früh in die erste Schleuse. Nach der Ausfahrt warf ich einen kurzen prüfenden Blick zurück zur Brücke, hinter der der Vänernsee liegt. Siehe da: sie war offen und unter ihr zwängte sich ein 90m-Frachtschiff durch, das in den Kanal wollte. Die "Birthe Bres" hatte also Vorfahrt. Wir durften zwar hinter ihr durch die Brücke fahren, hinter der der Kanal beginnt, aber an der ersten Schleuse 3sm später mussten wir warten. Die dicke Birthe füllte die Schleuse komplett aus. Wie gross sie ist, zeigte uns der Kontrast zu dem Segelboot, das danach hochgeschleust wurde und das in der Schleuse ganz winzig aussah, bevor wir endlich nach 50 Minuten runter durften. 

Bei der Stadt Trollhätte hat man den grössten Höhenunterschied zu überwinden. 4 Schleusen hintereinander bringen uns 33m bergab. Bei Ankunft oben fahren wir an den Wartesteg. Noch nicht richtig fest, kommt das Signal, dass das Tor bald geöffnet wird. Also wieder ablegen. Nach 15min Kreisen, ohne dass etwas passierte, legten wir wieder an. Noch nicht richtig fest, kommt das Signal, dass jetzt geöffnet wird. Wieder ablegen, in die Schleuse hinein. Dort liegen wir fest und warten aufs Schleusen, aber wieder passiert fast 20 Minuten lang nichts. Infos kommen auch nicht. Dafür tauchen bald hinter uns in der Schleuse zwei Segelboote auf. Eines davon die Espiritu, die in Vänersborg noch ausführlich mit Freunden gefrühstückt hatten und anderthalb Stunden nach uns losgefahren waren. Gemeinsam fuhren wir weiter bis vor die letzte Schleuse, wo Espiritu in den Hafen fuhr. Da dieser schon recht voll und wir aufgrund der verlorenen Zeit halbwegs frustriert waren, beschlossen wir, in den Abend hinein weiterzufahren. Es lohnte sich, denn wir erreichten den einsamen kleinen Steg unterhalb der Burgruine in Kungälv.


Erst am nächsten Tag ging es schliesslich durch die vor Göteborg sich ballenden Industriezonen in die zweitgrösste Stadt Schwedens. Im zentrumsnahen und daher teuren Hafen Lilla Bommen machten wir fest und besichtigten am Nachmittag die Stadt. 

Endlich wieder Ostsee

Die Vorfreude aufs Meer war gross. So ging es schon früh am nächsten Morgen an Fähren, Kreuzfahrtschiffen und riesigen Containerschiffen vorbei aus dem gigantischen Hafen von Göteborg (der grösste in Nordeuropa) hinaus zwischen die kargen aber wunderschönen Schären vor Göteborg.

Ziel: Vinga, eine der ganz aussen gelegenen Schären. Die Insel ist klein, der Hafen winzig und tückisch. Zwischen zwei Inseln gelegen schiebt und dreht sich eine Strömung je nach Windrichtung westlich oder östlich durch den Hafen, die beim An- und Ablegen gemein sein kann. Als wir ankamen, war der Hafen schon proppevoll, aber man fand noch einen Platz im Päckchen und in zweiter Reihe von vorn. 

Hier wurde das Mittsommerfest sehr ruhig begangen. Alle assen und grillten und waren freundlich, aber von wildem Besäufnis und Gesang bis in die Nacht keine Spur. 

Übrigens wimmelte es hier von Quallen, die uns auch in den kommenden Tagen begleiten werden.

So machten wir uns denn nach einigen Erkundungen über Stromrichtung und Wassertiefe am Morgen um acht ans Ablegemanöver. Ich hatte alles richtig eingeschätzt und konnte den Strom nutzen, der uns rückwärts um die enge Kurve half und uns dann aus dem Hafen bugsierte. Sofort Segel setzen, und dann wieder aufs offene Meer hinaus. Wir hatten uns vorgenommen, das berühmte und berüchtigte Kattegat zu überqueren. Bei gutem Wind konnten wir zwei Drittel der Strecke segeln, danach drehte der Wind und nahm ab. Der Rest also unter Maschine. Aber auch das war bei dem Verkehrsaufkommen auf dem wichtigsten Ostseezugang für die ganz grossen Schiffe (etwas kleinere nutzen den NOK) schon aufregend genug. Schon weit vor Skagen sahen wir erneut zahlreiche Grossschiffe, aber es stellte sich heraus, dass die alle vor Anker lagen und uns nicht in die Quere kommen würden. 

Im grossen Fischereihafen von Skagen liegt derweil eine grosse Flotte von Fischkuttern und Trawlern aus halb Europa. Entsprechend riecht es bei der Einfahrt. Wir finden einen Platz längsseits am Kai im zweiten Gästebecken.

Skagen

Vorm Frühstück am Sonntag eine Überraschung. Der Hafenmeister kommt und verkündet, dass man nicht mehr längsseits liegen darf, sondern sich auf Heckanker legen muss, weil sehr viele Boote erwartet werden. Erstaunlicherweise gelingt das Manöver auf Anhieb. Ich hoffe, wir bekommen den Anker später auch wieder frei. Also auf zum Tagesprogramm mit etwas Verspätung: Wir leihen Fahrräder aus und fahren zur Nordspitze - zum berüchtigten Skagens Rev, wo Kattegat und Skagerrak aufeinandertreffen, gut erkennbar an den gegeneinander laufenden Wellen. 

Auf der Rückfahrt gewittert und giesst es kurz. Und als wir beim Boot ankamen, lag dieses um zwei Meter nach rechts versetzt mit einem anderen Nachbarn - einer 65-Fuss-Motor-Luxusyacht, die sich kurzerhand mit Hilfe des Hafenmeisters in unserer Abwesenheit mal Platz gemacht hat. Am Nachmittag nutzten wir die Velos noch für eine kurze Tour Richtung Süden und einen Grosseinkauf. Für die nächsten Tage wollen wir wieder auf kleinere und grössere Inseln fahren.


Montag, 20. Juni 2022

Ostseesegeln 2022 - Götakanal Teil 2

Zum höchsten Punkt im Kanal

Von Motala stand zunächst der grosse Schlag (17sm) über den Vätternsee an. Der Wind war nicht sonderlich günstig, so dass wir motoren mussten. Nach halber Strecke konnten wir wenigstens das Vorsegel zu Hilfe nehmen und hatten so nach einigen Tagen Pause wenigstens einmal wieder das Gefühl, auf einem Segelboot zu sein. Bei der westlichen Ausfahrt in Karlsborg wurde es schlagartig wieder eng. 

Kleine Durchfahrten brachten uns durch wilde Wälder bis nach Forsvik, wo für den Folgetag die letzte Aufwärtsschleusung auf uns wartete. Diese brachte uns zum mit 92m höchsten Punkt des Götakanals, in den wildromantischen Vikensee. Besonders spannend war die Fahrt zwischen den alten Treidelmauern im See, über die noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Schiffe von Hand durch die Kanäle gezogen wurden.

Der Wind blies uns kräftig entgegen. Für die Fahrt durch den See kein Problem, und auch in den Kanälen gut zu managen, solange man nicht vor einer Brücke oder Schleuse warten muss. Dann aber versetzt der Seitenwind das Boot gewaltig zur Seite. Eine gute Gelegenheit für verschiedene Manövrierübungen, um das Boot einigermassen an der Stelle und immer weit genug entfernt vom flachen und steinigen Kanalufer zu halten. 

Nach der ersten flachen Abwärtsschleusung in Tatorp strebten wir unserem Etappenziel entgegen, dem kleinen Ort Töreboda, wo wir uns auch im Supermarkt wieder einmal verproviantieren konnten. Bei einem gemütlichen, aber recht windigen Grillplausch mit der Espiritu-Crew haben wir einen beachtlichen Teil des eben Eingekauften direkt wieder verzehrt. Einen spontanen Absacker gab es an diesem Abend bei Landsleuten aus der Schweiz.

Zur Ausschleusung

Die Strecke für den nächsten Tag war kurz: Töreboda - Sjötorp = 10sm. Dabei aber zahlreiche Schleusungen abwärts und viele Dreh-, Klapp- oder Rollbrücken. Das Abwärtsschleusen erwies sich als regelrecht erholsam gegenüber der Gegenrichtung. Wenn man schön langsam die Leinen nachgibt, stören einen weder Turbulenzen noch Strömungen in der Schleuse und es geht abwärts wie im Fahrstuhl. Inzwischen haben wir uns auch an die zahlreichen Zuschauer gewöhnt, die ungefragt filmen und fotografieren und Bilder von uns Segelstars irgendwo posten.

Nach einer ausgiebigen Mittagspause in Lyrestad war dann plötzlich der Wurm drin. Erst wollte die Ampel an der ohnehin dauergeöffneten Eisenbahnbrücke daselbst nicht auf grün schalten. Es dauerte eine Weile... Einen Kilometer weiter die nächste Rollbrücke blieb gleich ganz geschlossen. Nach 15 Minuten Manövrierübungen im Seitenwind legten wir am Wartesteg an und versuchten es etwas penetrant mehrfach mit der Gegensprechanlage. Erst nach mehr als 20 Minuten reagierte jemand und öffnete uns die Brücke. Nach mehreren Schleusen erreichten wir das obere Hafenbecken in Sjötorp, von dem aus wir aber durch eine weitere Doppelschleuse ins mittlere wollten. Vor uns fuhr ein anderes Boot in die Schleuse. Zwei Missverständnisse später war auch die Espiritu drin, neben der wir keinen Platz mehr hatten, und die Schleusenwärterin machte zu. Wir waren noch oben im Wartebereich. Erst nachdem die Espiritu ihr erklärt hatte, dass wir eigentlich auch mitwollten, versprach sie uns, dass wir danach auch noch runterfahren dürfen. Also drehten wir eine Viertelstunde lang Kreise im oberen Hafenbecken. Unten war dafür fast alles belegt. Aber mit den Freunden von der Espiritu war ohnehin abgemacht, dass wir bei ihnen im Päckchen anlegen würden - also kein Problem. Der Götakanal lag bis auf die letzte Schleuse in den Vänernsee hinter uns. 

Am Morgen folgte dann die Ausschleusung, und es war halbwegs segelbarer Wind angesagt. Schon bald setzten wir die Segel und machten uns auf die lange Strecke durch den riesigen Vänernsee, wo es auch viele kleine Inseln, Schären und Leuchttürmchen gibt.

Zwischenzeitlich liess der Wind etwas nach, aber insgesamt freuten wir uns über die 10 Segelmeilen (von 32 insgesamt). Nun liegen wir im pittoresken Fischereihafen von Spiken, wo es viele kleine Läden und Fischrestaurants gibt und wo sogar ein eigenes lokales Bier gebraut wird. Fein.

Von hier aus geht es morgen weiter nach Vänersborg. Dort treffen wir wieder auf die Espiritu, mit der wir bereits die Fahrt durch den Götakanal gemeistert und sehr genossen haben. Dann geht es in zwei Tagen durch den Trollhätte-Kanal nach Göteborg und endlich auch wieder ins Meer. Bis dahin geniessen unsere Jungs den langen Sommerabend und erkunden das Schilflabyrinth im Hafen von Spiken im Dingi.

Donnerstag, 16. Juni 2022

Ostseesegeln 2022 - Götakanal Teil 1

Einschleusen

Nach der Ankunft an der Einfahrt zum Götakanal war zunächst unklar, wann wir einschleusen können. Wir hofften auf den nächsten Tag, wurden aber enttäuscht: Warten auf den Saisonstart war angesagt, und das war erst am 14.6. Dummerweise rammte am frühen Morgen ein Passagierschiff das obere Schleusentor, so dass Reparaturen nötig wurden und den Saisonstart um eine Stunde verzögerten. Bis dahin hatten sich dann auch schon einmal 15 Boote versammelt, die alle da rein wollten. Es dauerte also. Gegen Mittag waren wir endlich auch dran. Natürlich begann es dann zu regnen, und wie. Auch die Himmelsschleusen schienen sich öffnen zu wollen. 

Das Schleusen ist eine spannende Sache. Man passiert das untere Schleusentor und fährt zwischen die Mauern hinein ins (mehr oder weniger) tiefe Loch. Melanie hat die Enden der langen Vor- und Achterleinen in der Hand und führt sie an Land mit, um sie oben festzumachen.

Wenn 3-4 Boote in der Schleuse parat sind, wird das untere Tor geschlossen durch das obere strömt Wasser ein. Dann ist es Aufgabe an Bord, die Vorleine dauernd nachzuholen, damit das Boot in der Strömung einigermassen stabil liegen bleibt. 

Ist man oben, geht das obere Schleusentor auf und man fährt weiter. Klingt kompliziert, aber man gewöhnt sich daran. Anstrengend aber ist es für alle. Zumal, wenn es wie in unseren ersten drei Schleusungen wie aus Eimern schüttet und zwischenzeitlich sogar hagelt. 

Zwischendurch gibt es immer wieder mal Dreh-, Klapp- und Rollbrücken, vor denen man an einer Ampel auf die Öffnung wartet. Und dann Doppelschleusen: Aus der Schleusenkammer fährt man hinaus sofort in die zweite Schleusenkammer. Das obere Tor wird zum unteren und es geht direkt noch eine Etage weiter. 

Wir kommen leider nicht so weit, wie wir es gern wollten, aber wenn um 18 Uhr Torschluss ist, bleibt man einfach an einem Wartesteg liegen und übernachtet dort.

Durch die Kanäle bis Motala

Dafür ist man am nächsten Tag gleich auf Position. Wir haben uns mit Rafael, Imke und Elia mit Labrador Emma, der Crew der Espiritu, zusammengetan und sind seither mit ihnen unterwegs, teilen Freuden und Anstrengungen der Kanalfahrt. 

Nach einigen Schleusen und Brücken kommt zunächst die Überquerung des Roxensees, an dessen Ausgang eine der grössten Attraktionen des Kanals wartet: Die siebenstufige Schleusentreppe Berg - richtig: sieben direkt übereinander geschaltete Schleusenkammern. Es ist bullig heiss, so dass es unten in der Schleusenkammer wie im Backofen ist. Das macht das Hantieren mit den Seilen besonders anstrengend. Dazu kommt, dass die Treppe auch für Camper-, Fahrrad- und andere Touristen eine Attraktion ist, so dass jetzt schon zu Saisonbeginn viele Zuschauer die Schleusen säumen.

Nach vierzehn Schleusen ist wieder Zwangspause. Übernachtung am Wartesteg, ausführliches Bad im Kanal, die Kinder paddeln mit dem Dingi im Kanal herum. Am Abend geht es ins Café für ein kleines Eis... Meins fällt besonders hübsch und üppig aus.

Am nächsten Morgen weiter. Wir passieren mehrere Passagierschiffe ...

... und kommen durch idyllische Kanalstrecken ...

... in den Borensee zur nächsten Schleusentreppe. Hier erwarten uns die steilsten Schleusen mit dem grössten Hub im gesamten Kanal. Kurze Zeit später legen wir in Motala an, am Eingang zum Vätternsee. Inzwischen haben wir uns auf 88m über dem Meer hochgearbeitet. Noch 4 nach dem Vätternsee, dann geht es wieder bergab in Richtung Vänern.