Lauterbach – Sassnitz: «Aus Fehlern lernen»
So lautet eine Kapitelüberschrift in einem Buch über Segeln.
Das ist wohl das Motto dieses Tages. Die erste Herausforderung wartet schon
ganz am Anfang beim Ablegen in Lauterbach. Wir stehen in einer Box (= Steg
vorn, zwei Holzpfähle oder «Dalben» hinten) und haben etwa 25 kn Wind direkt
von der Seite. Ich brauche lange, bis ich mich entschliesse loszufahren. Und
habe einen Plan: Melanie gibt vorn kontrolliert die Leinen nach («fiert» die
Vorleinen), während ich rückwärts Gas gebe und wir so langsam aus der Box
fahren. Das klappt gut, zumal die Sorgleinen (zwischen den Dalben und dem Steg
gespannt) uns auch in der Box halten können, falls nötig. Als alle Leinen los
sind, beginnt das Schiff zu drehen. Leider verhakt sich dabei der Anker mit der
Sorgleine, so dass ich nochmal ein Stück in die Box zurück muss. An sowas denkt
man nicht. Zum Glück gelingt es mir gut, nach Ausfahrt aus der Box gegen den
Wind in der engen Gasse zwischen den Boxen zu wenden, dann mit ordentlich Gas
aus dem Hafen raus.
Die Fahrt durch die wunderschöne Landschaft des Greifswalder Boddens gen Süden geht gegen
den Wind, nur ein Stück können wir segeln. Erst beim Abbiegen ins
Landtief-Fahrwasser setzen wir die Segel. Leider entgeht mir zunächst die Tatsache, dass
wir dennoch den Kurs durch die Rinne nicht anliegen können, weil es zu hoch am
Wind ist. So gerate ich falsch ins Fahrwasser und passiere einen
entgegenkommenden Schlepper viel zu nahe. Der Kapitän sieht – zu Recht – not amused
aus.
Die weitere Fahrt nach Sassnitz verläuft bei herrlichem Wetter problemlos. Ums Nordperd herum und dann an einigen Fischernetzen vorbei geht es direkt auf den Hafen zu. Dort tanken wir und stellen endlich den Verbrauch einigermassen fest: etwas mehr als zwei Liter Diesel pro Motorstunde. Danach fahren wir in die Stadtmarina weiter und haben etwas Mühe beim Anlegen in die riesig langen Boxen. Vor allem wusste ich zunächst nicht, zu welcher Box welche Dalben gehörten. Eigentlich war es ein schöner Segeltag, aber am Ende war ich unzufrieden und haderte. Wir überlegten kurz, ob wir schon in Sassnitz ein paar Ruhetage einlegen sollten. Aber die Wettervorhersage war einfach zu gut. Also eine Lektion in Resilienz: Fehler hin oder her, daraus lernen und weiter geht es!
Sassnitz – Bornholm: Glück muss man haben.
Der nächste Morgen begann wie der letzte Tag: Beim Ablegen verhakte sich meine Achterleine in der Klampe, so dass das Boot prompt mit einem Rums ans Nachbarboot trieb. Nichts passiert, ausser dass die Nachbarn vom Frühstückstisch hochschreckten. Um 7 Uhr glatt waren wir frei und verliessen den Hafen von Sassnitz. Von nun an galt Generalkurs ca. 50°. Angesagt war Südwind zwischen 3 und 5 Windstärken. Wir motorsegelten für ca. 1.5 Stunden, bis wir aus der Abdeckung der Halbinsel Mönchgut/Nordperd raus waren. Dann Motor aus und die Rauschefahrt begann. Der Wind kam ganz leicht von achtern, fast noch ein Halbwindkurs. Die Nr. 7 lag wunderbar auf dem Ruder und machte problemlos über 6 Knoten Fahrt, zweitweise 7,3 im Schnitt, in Spitzen 7,9 Knoten. Schon früh sahen wir die riesigen Windräder des Windparks Arkona-Becken Südost. Gleichzeitig verschwanden langsam die Kreidefelsen von Rügen.
Kurz nach der Passage des Windparks sahen wir unser Ziel ganz schwach am Horizont auftauchen. Zeit, die erste Gastlandflagge zu setzen.
Der Wind hielt, was die Vorhersage versprach. Den ganzen Tag schien die Sonne. Es ist fantastisch, den langen Schlag unter diesen Bedingungen zu segeln.
Kurz vor Rønne kam aus der Ferne ein Frachtschiff auf uns zu, eindeutig
Kollisionskurs. Lassen wir es darauf ankommen? Ja, wir behalten – vorschriftsgemäss
– Kurs und Geschwindigkeit bei. Tatsächlich dreht die Jan D mehr als rechtzeitig leicht nach
Backbord ab und passiert uns mit ausreichendem Abstand achtern. Danke!
Wir segeln an der Hafeneinfahrt zum Haupthafen vorbei zum weiter nördlich gelegenen Sportboothafen Nørrekas. Hinter der Hauptmole wird das Vorsegel eingerollt, Maschine an. In dem Moment piept der Plotter, weil er kurzzeitig das
Satellitensignal verloren hat, und eine Wolke Brandgeruch zieht von Land her
über das Boot, beides macht mich etwas nervös, so dass ich vergesse, dass wir
fast vor dem Wind waren. Der Baum schlägt mit Karacho auf die andere Seite.
Glück, dass alle sassen. Wir bergen schnell das Grosssegel. Dann bricht
urplötzlich Wind von mindestens 7 Bft über uns herein. Nichts wie in den Hafen,
der nur wenige Hundert Meter entfernt ist. Das Anlegemanöver gelingt bestens.
Mit 6 Leinen und vielen Fendern sichern wir das Boot gegen den angekündigten
Starkwind der kommenden Tage. Mindestens drei Tage werden wir wohl in Rønne
bleiben. Wir freuen uns auf die Pause und auf die Insel Bornholm. Die milde
Luft geniessen wir schon jetzt.
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