Sturmabwarten in Sandvik
In Stora Rör sahen wir schon aus den Vorhersagemodellen, dass uns ein wenig Starkwind bevorstehen würde. Da wir vorher noch etwas Nord machen wollten, beschlossen wir Borgholm auszulassen und stattdessen direkt nach Sandvik, etwa 10sm weiter nördlich gelegen, weiterzufahren. Zunächst war der Wind sehr schwach und kam direkt von vorn.
Bis zur Höhe von Borgholm unternahmen wir drei Segelversuche, aber eigentlich war es eine reine Motorfahrt. Dahinter setzten wir bei nun etwas raumerem Wind die Segel wieder und warteten einfach mal ab. Tatsächlich: Der von der Vorhersage versprochene Winddreher aus SE kam mit drei Stunden Verspätung und brachte uns eine rauschende Fahrt nach Sandvik ein. Dort gibt es einen wunderbaren Fischladen direkt am Hafen, dazu einen langen Steinstrand, der durch die Hafenbefestigungen vor dem angesagten Sturm geschützt ist und zum ersten freiwilligen Ostseebad "einlud"...
Am nächsten Morgen war es zwar zugig, aber von einem Sturm war nicht viel zu sehen. Der kam dann über Mittag mit durchschnittlich - geschätzt - über 30kn, in Böen durchaus auch mal über 40. Nichts zum draussen rumsegeln jedenfalls. Wir schlugen ein wenig Zeit tot...
... beobachteten die unglaublich elegant fliegenden Schwalbenmöwen...
... machten einen Spaziergang der Küste nach zu einem nahegelegenen Sumpfgebiet und buken sogar noch einen leckeren Rhabarber-Streuselkuchen.Noch eine kleine Insel
Am Mittwoch sollte es weitergehen. Ich hatte mich einfach aus Spass und Interesse in Sandvik bereits am Dienstag bei anwesenden Fischern nach einer Möglichkeit erkundigt, die "Blaue Jungfrau" zu besuchen - eine kleine, sagenumwehte Insel mitten im nördlichen Ausgang des Kalmarsundes. Sie rieten vorsichtig zu und beschrieben die von ihnen empfohlene Anlegestelle als wahrscheinlich mit viel Vorsicht gut befahrbar, wohl etwas über 2m Wassertiefe. Der junge Mann machte einen vertrauenswürdigen Eindruck. Und so reifte der Entschluss schnell: Erst zur Insel für einen Zwischenstopp, dann weiter nach Figeholm. Wir legten gegen 8 Uhr ab und segelten mit gutem Wind los. Bei der Insel angekommen begrüsste uns ein Seeadler in elegantem Segelflug. Wir tasteten uns langsam an die Anlegestelle heran. Erst im sechsten Anlauf gelang uns das Manöver, zu dem wir keinerlei Anleitung hatten.Also, falls es jemand mit Segelboot probieren möchte, wir haben es so gemacht: Anlegestelle ist die kleine Bucht hinter dem weissen Leuchttürmchen im NW der Insel - Sikhamn. Dort kommt der Inselrundweg mit seinen Drahtgeländern herunter bis ans Ufer - Zeichen dafür, dass hier in der Hochsaison die Ausflugsschiffe anlegen. Genau unterhalb der Geländer befinden sich mehrere Ringe, an denen ein Boot längsseits gut Platz hat - wir machten es mit Steuerbord. Ob es andersrum auch geht - keine Ahnung. Mehr als 2m Tiefgang dürften aber nicht zu empfehlen sein, wenn man beim Herantasten noch ein wenig Spielraum zum Manövrieren behalten möchte. Dafür hat man in der Anfahrt rechts vom Anlegeplatz etwa 10m zur Verfügung. Das haben wir erst einmal drei Runden lang vorsichtig ausgekundschaftet - sehr zu empfehlen. Letztlich sind wir (sehr langsam, wir wollen schliesslich im Fall einer Felsberührung keinen grösseren Schaden anrichten!) in ca. 45°-Winkel an die beiden untersten Ringe herangefahren. Vorne warfen wir eine kurze Leine über einen der Ringe und dampften vorsichtig rückwärts ein. Dann stieg einer mit der langen Achterleine in der Hand vorn über und zog am hinteren Ring das Achterschiff an den Felsen, während vorn die Leine entsprechend gefiert (locker gelassen) wurde. Dann mehrere Leinen an die zur Verfügung stehenden Ringe. Dass für das Ganze die Steuerbordseite dick und doppelt und dreifach abgefendert war, versteht sich. Am Liegeplatz selbst fällt der Fels lotrecht ins Wasser. Mein Echolot zeigte mir 2m unter Kiel, also ca. 3.5m Wassertiefe an. Beim rückwärts Rausfahren fiel das kurz auf 0.8m, aber auch das sollte noch reichen. Ansonsten geht es sehr steil zu - es wird erst 25-50m vor der Insel selbst wirklich flach, sinkt beim Wegfahren schnell wieder auf über 30m.
(Disclaimer: Ich übernehme keine Gewähr für die obigen Angaben. Jedes Boot ist anders, jede Crew reagiert anders. Verantwortlich ist allein der jeweilige Skipper. Vielleicht hatten wir nur Glück, und wenige Meter rechts oder links wäre es schon zu flach gewesen.)
Die Insel selbst ist sehenswert: Der Blick öffnet sich über den Kalmarsund von Öland bis Okarshamn. Die Granitfelsen sind beindruckend. Ein toller Platz für einen mittäglichen Zwischenstopp. Der heute auf einer Seite bewölkte, auf der anderen blaue Himmel lässt es scheinen, als habe man es mit zwei verschiedenen Gewässern zu tun.
Am Nachmittag fuhren wir weiter in Richtung Figeholm. Nach dem ersten Anleger am Fels wollten wir nun auch unser erstes Schärenfahrwasser erleben. Und das wurde was. Kurz vor der Einfahrt ins Fahrwasser war Schluss mit dem beschaulichen Leichtwind-Vorwind-Segeln. Es begann plötzlich von vorn mit 6 Windstärken zu kacheln. Wir rollten das Vorsegel ein und hatten selbst mit nur dem recht offen gefahrenen Grosssegel gut gegen den Windversatz anzukämpfen. Die Schärenlandschaft entschädigte uns für die damit verbundene Aufregung.
Wir erreichten letztlich ohne Probleme den idyllischen Ort Figeholm mit seinem beschaulichen Bootshafen.
Das war ein unglaublich schöner, aufregender, spannender und bereichernder Segeltag.
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