Freitag, 15. April 2022

Ostseesegeln 2022 - 7

 Abschied von der Schule (noch 2 Wochen)

Wir begegnen im Quartier inzwischen immer öfter Leuten, die von unserem Vorhaben irgendwie gehört haben und uns darauf ansprechen. Alle sind begeistert und geben uns beste Wünsche mit – toll. Eine Frage, die dabei immer wieder gestellt wird: Wie ging das mit zwei schulpflichtigen Kindern? Also kurz: Wir haben schon im Oktober die Lehrpersonen und die Schulleitung einmal  unverbindlich angefragt und unser Vorhaben angekündigt. Nach deren positiven Reaktionen haben wir ein Dispensationsgesuch geschrieben und ausführlich begründet. Dabei haben wir uns verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder den lehrplanmässigen Schulstoff selbständig mit uns erarbeiten. Das Gesuch wurde mit dem Schulleiter vorbesprochen und dann offiziell beim Rektorat der Volksschule eingereicht. Nach wenigen Wochen kam bereits die Bewilligung, über die wir uns sehr gefreut haben. Herzlichen Dank!

Nun sind hier die Osterferien angebrochen – und damit kam das Ende dieses Schuljahres für unsere Jungs – abgesehen von den fälligen Schulstunden an Bord. Der Abschied fiel gemischt aus: zur Vorfreude mischte sich schon auch etwas Traurigkeit, dass wir die Schulkollegen erst im nächsten Schuljahr wiedersehen. Aber der Abschied war auch herzlich: Es gab Geschenke und viele gute Wünsche für unsere Reise. 


Wir haben versprochen, Fotos und Berichte zu schicken und online in Kontakt zu bleiben. Und wer möchte, kann diesen Blog lesen.


Mittwoch, 30. März 2022

Ostseesegeln 2022 - 6

 Ein Vorgeschmack auf dem Bodensee (noch 5 Wochen)

Am letzten Wochenende waren wir schon einmal «Vorsegeln» auf dem Bodensee. Erstens war tolles Wetter (aber leider wenig bis kein Wind) und zweitens eine gute Gelegenheit, mit guten Freunden ein schönes Wochenende zu verbringen. Wir haben die Chance genutzt und uns mit Manövern und Techniken vertraut gemacht, die wir noch nicht praktisch probiert hatten. Wir haben verschiedene Leichtwindsegel (Briser, Genaker, Spinnaker) ausprobiert, den Spibaum vorbereitet und gesetzt, die Genua ausgebaumt, einen Bullenstander geriggt. Wie üblich gilt: Alles, was man einmal bei wenig Wind und im Trockenen gemacht hat, verliert seinen Schrecken.

Zudem haben wir – in Vorbereitung auf die zu erwartenden Wassertemperaturen in der Ostsee – einmal ein (sehr!) kurzes Bad im 8 Grad kalten Bodensee genommen. Das war ein Spass!


Schon als wir uns für die Reise entschieden haben, kam die Idee auf, dass wir die Gastlandflaggen selbst nähen können  für Dänemark, Schweden, die Aaland-Inseln und Finnland. Das haben wir jetzt in den letzten Wochen auch schon (fast) erledigt. Wir freuen uns darauf, all diese Länder zu besuchen.

Gastlandflaggen? Was das ist, wollt Ihr wissen? Also: Jedes Schiff hat eine Nationalität, wo es eingeschrieben ist. Diese Nationalflagge führen die meisten Yachten am Heck – eigentlich nur tagsüber und auf jeden Fall in Hoheitsgewässern des eigenen und anderer Staaten. Befährt man aber die Hoheitsgewässer anderer Staaten, so führt man die Flagge dieses Staates in kleinerer Ausführung an Steuerbord in der Nähe des Mastes. Damit anerkennt man (nicht nur, aber auch symbolisch) die Rechtsordnung des Gastlandes. Alles klar?


Montag, 7. März 2022

Ostseesegeln 2022 - 5

Reisen und Sorgen (noch 8 Wochen)

Segeln ist aus verschiedenen Gründen toll. Einer davon: Man reist (idealerweise, wenn das Wetter mitspielt) ziemlich CO2-neutral. Wir haben uns vorgenommen, auf unserer Reise unseren Fussabdruck möglichst klein zu halten. Das Müllproblem wird schwierig. Wir wollen möglichst wenig Abfall – insbesondere Plastikmüll – produzieren. Das wird uns wohl bei den Einkäufen so einiges abverlangen. Etwas leichter wird es bei der An- und Abreise zum Ausgangshafen. Wir lassen das Auto in Luzern stehen und reisen mit dem öffentlichen Verkehr an die Ostsee und Ende Juli wieder zurück. Dazu müssen wir das Gepäck ein wenig reduzieren und vielleicht einen kleinen Teil schon vorausschicken, aber das ist es uns wert.

Leider machen sich zurzeit noch andere Sorgen breit. Wie wird sich Putins Aggression noch entwickeln? Wie sicher wird in 2 Monaten das Reisen auf der Ostsee sein? Wir gehen nicht davon aus, dass unsere Pläne da direkt betroffen sein werden, aber in der momentanen sicherheitspolitischen Lage ist wohl leider so gar nichts wirklich gewiss…

Montag, 21. Februar 2022

Ostseesegeln 2022 - 4

Überlegungen zur Route (noch 10 Wochen)

Das Schöne ist: Wir haben Zeit und können uns nach Wetter, Lust und Laune richten, was die Route angeht. Aber doch geistern uns verschiedene Szenarien in den Köpfen herum.

Begonnen haben wir im Oktober 2021 einmal mit der Idee, durch die schwedischen Kanäle zu fahren. Aber diesen Plan haben wir aus verschiedenen Gründen ad acta gelegt. Zugegeben: Es soll sehr schön sein – deshalb bedauern wir das auch ein bisschen. Aber eigentlich gibt es vernünftigerweise nur zwei Optionen, die Strecke zu nehmen: Wir könnten das kurz nach dem Start Mitte Mai machen, von Göteborg aus ostwärts. Dann ist es aber noch kalt und vielleicht etwas ungemütlich, dafür aber eher leer. Die andere Option wäre, das für den Rückweg aufzuheben, aus der Ostsee westwärts in Richtung Göteborg. Dann ist das Wetter super, aber Mitte Juli ist Hochsaison. Es ist voll, die Wartezeiten an den Schleusen steigen. Dazu kommt, dass wir eigentlich viel segeln wollen und nicht so viel Lust auf Motoren und Schleusen haben. Also haben wir diesen Plan mehr oder weniger aufgegeben. Aber – siehe oben – die Reise selbst kann ja durchaus noch ein neuerliches Umentscheiden mitbringen.

Eine weitere – dann eher sportliche – Möglichkeit wäre es, die berühmte gelbe Tonne als nördlichsten Punkt des Bottnischen Meerbusens und damit der Ostsee anzustreben. Das wäre sehr reizvoll, bedingt aber, dass wir gut vorankommen und zwischendurch auch sehr lange Schläge segeln. Da muss man sicher unterwegs entscheiden, ob das machbar sein wird.

In Kalmar werden wir sicher vorbeikommen. Foto: 
Samuel Horn af Rantzien auf unsplash.com.

Wahrscheinlich ist es aber, dass wir einen südlicheren Wendepunkt ins Auge fassen werden. Dies ergibt sich nun so langsam, auch, weil sich für einzelne Wochen Mitsegelnde aus dem Familien- und Freundeskreis ankündigen, für die wir ein wenig planen wollen. Der aktuelle Plan also:

Anfang Mai aus der Kieler Bucht entlang der deutschen Ostseeküste in Richtung Osten bis nach Rügen. Dann entweder nördlich an die schwedische Südküste oder nordöstlich via Bornholm in den Kalmarsund. Diesen nach Norden, Öland, vielleicht auch Gotland mitnehmen, Stockholmer Schären und um Pfingsten zu den Åland-Inseln. Dort wird sich entscheiden, ob wir weiter nördlich wollen oder bereits den Bug wieder in Generalrichtung Süd drehen. Es wird auch dann noch genug Zeit sein für verschiedene Optionen. Spätestens ab Mitte Juli wollen wir aber in dänischen Gewässern sein und dort – trotz Hochsaison – ein wenig die Zeit geniessen.

Lasst Euch überraschen, welche Route es am Ende geworden sein wird, wo wir anlegen, wo wir bleiben, wie lang die einzelnen Etappen werden. Wir sind auch gespannt.

Freitag, 4. Februar 2022

Ostseesegeln 2022 - 3

 "Fit for Ship" (noch 12 Wochen)

Unsere Ostseereise verfolgt keine sportlichen Ambitionen. Wir wollen nicht an Regatten teilnehmen, keine Rekorde brechen. Trotzdem fordert das Leben an Bord mit all den anfallenden Aufgaben eine gewisse körperliche Fitness. Wir haben also vor, uns körperlich vor dem Törn einigermassen fit for ship zu machen. Der Winter ist dafür auf jeden Fall gut geeignet, weil ich doch viel lieber langlaufen gehe als zu joggen. Derzeit ist beides angesagt! 


Es geht in erster Linie darum das Gefühl zu haben, dass man auch die längeren Tagesetappen mit vielleicht mal etwas mehr Wind körperlich durchhält.

Das «fachliche» Fitmachen geht ohnehin immer weiter. Nautische Literatur lesen, Hafen- und Revierführer durchblättern, Seekarten studieren.

Immer wieder versuche ich, mir die einzelnen Manöver vorzustellen und im Geist durchzuspielen. So kann ich mir schon einmal ein paar Gedanken zurechtlegen:

  •          Welche Vorschläge könnten für mich/uns funktionieren? (Es gibt für jedes Manöver off- und online viele verschiedene – oft einander widersprechende – Ideen und Anweisungen in Text, Bildern und Filmen.)
  •          Wer macht was? Wen teile ich für welchen Aufgaben ein? Fendern, Leinen festmachen, Spring halten zum Eindampfen, Ruder übernehmen etc.
  •          Ausserdem interessant: Was davon kann man jetzt schon trockenüben? Leinenwerfen zum Beispiel, oder Knoten machen. 

Sonntag, 23. Januar 2022

Ostseesegeln 2022 - 2

Die Vorbereitungen laufen (noch 14 Wochen)

Da haben wir doch schon einiges abgehakt: Ich habe einen Radarkurs besucht. Peter G. Boot von pbmarinetraining hat uns in Gisikon-Root bei Luzern die Grundlagen des Umgangs mit Radargeräten und der Interpretation von Radarbildern sehr anschaulich erläutert. Wichtig war dabei, dass man selbst einmal mit originalen Radargeräten (von Raymarine in diesem Fall) üben konnte.

Ausserdem habe ich eine Skipper-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, und wir haben geklärt, dass unsere Krankenkasse für den längeren Auslandsaufenthalt ausreichend ist.

Zeitungs-/Zeitschriftenabos sind für die Dauer unserer Abwesenheit unterbrochen.

Nächste Ziele für die Vorbereitung sind erst einmal ein Dieselmotorenkurs für den praktischen Umgang und die regelmässige Kontrolle und Wartung des «Jockels» (wie manche sagen). Sicher werden wir uns auch eine Erste Hilfe-Auffrischung gönnen. Eventuell machen wir auch gemeinsam noch einen Seenot-Überlebenskurs – einfach um einmal zu sehen, wie so eine Rettungsinsel funktioniert und was man so zu beachten hat, wenn es – bloss nicht! – zu einem Ernstfall kommen sollte.

Ansonsten steht eine Kiste für Bücher (Reparatur, technisches Zeugs, Segeltipps, Handbücher, Revierführer…) parat, eine grosse Tasche für alles Mögliche, ein kleiner Werkzeugkoffer mit einer Liste, was da später alles rein soll. Es kommen immer mehr Sachen zusammen. Idee: Wir lassen den Berg erst einmal wachsen, um dann vorm endgültigen Packen radikal wieder auszusortieren.


Ein grosser Stapel Seekarten liegt herum. Ich habe mich für die Sportboot-Kartensätze von Delius-Klasing entschieden. Es macht Spass, die teilweise sehr detaillierten Karten zu studieren und mit den Angaben in Handbüchern und Revierführern abzugleichen.

Dienstag, 11. Januar 2022

Ostseesegeln 2022 - 1

Eine verrückte Idee (noch 16 Wochen)

Mit der Tür ins Haus: Wir gehen dann mal drei Monate lang segeln auf der Ostsee. Vom 30.4. an haben wir ein Segelschiff – eine Bavaria 36 aus den 2000ern, falls es jemanden interessiert – gemietet und werden bis Ende Juli damit unterwegs sein.

Photo by Markus Ewert on Unsplash

Schon lange hatten wir einen Traum: Wenigstens eine kurze Auszeit in Familie machen. Im September 2021 hatten wir eine Idee, die uns dem plötzlich schnell näher brachte. Man könnte eine mittelgrosse Runde auf der Ostsee segeln und dabei die schwedischen Kanäle mitnehmen. Das Ostsee-Handbuch pries diese Route als lohnenswert an. Das gefiel uns so, dass wir bei Vercharterern mit Langzeitangeboten anfragten, eines der Angebote reservierten und zu recherchieren begannen. Können wir die Kinder aus der Schule nehmen und selbst unterrichten? Bekommen wir unbezahlten Urlaub? Was wird mit der Wohnung, dem Auto etc.?

Und überhaupt: Kann ich das?

Diese Frage musste schnell beantwortet werden. Seit 2015 besitze ich den Schweizer D-Schein, erworben bei der Marina Segelschule in Luzern. Den Sportbootführerschein See hatte ich seit 2020 in der Tasche, erworben bei Marian von Oberseeboating in Lachen am Zürichsee. Kurze Zeit später erwarb ich dank Software von boatdriver autodidaktisch den Funkschein (sogar LRC) in Biel. Im März 2021 hatte ich die Theorieprüfung zum Sportküstenschifferschein (SKS) am Bodensee bestanden. Nach einem Ostseetörn rund Rügen 2018 folgten nun ein Kurztörn mit segelnundmeer.at auf der nördlichen Adria an Pfingsten 2021 und ein Helgolandtörn in sehr kleiner Crew mit der Yachtschule Eichler im September 2021. Ein wenig Segelerfahrung in verschiedenen Revieren ist also auch vorhanden. Für November ergab sich die Gelegenheit zu einem SKS-Praxistörn bei Mola in Breege (Insel Rügen). In einer tollen Crew mit unserem Skipper Klaus bereiteten wir uns Manöver über Manöver fahrend mit viel Spass auf die Prüfung vor, die auch tatsächlich alle bestanden. SKS auch in der Tasche. Damit ist die Sache formal schon einmal geregelt. Ich darf also los und bin offiziell qualifiziert. Die Frage nach dem Können stellt sich aber natürlich immer noch. Das muss sich dann zeigen. «Langsam angehen lassen, Schiff kennenlernen, keine Risiken zu Beginn…» (Viele gute Ratschläge habe ich schon bekommen.) Ein bisschen Zeit zum Üben und Dazulernen bleibt ja auch noch.

Urlaube wurden bewilligt, die Kinder von der Schule dispensiert – und plötzlich hatten wir einen Chartervertrag unterschrieben, eine Anzahlung geleistet, Seekarten bestellt und angefangen Listen zu schreiben: Ausrüstung, Wunschziele, To Do (oder: Tu Du!), etc. pp. Derzeit schwanken wir zwischen Euphorie, Kopfschütteln und gehörigem Respekt – aber wir freuen uns sehr darauf.

In diesem Blog werden wir – später auch mit Bildern, Videos und Links – von unserer Planung, Vorbereitung und natürlich von der Reise berichten. Bleibt dran.

Donnerstag, 20. September 2018

"Styx" (2018), Film von Wolfgang Fischer


Premiere in Luzern und Gespräch mit Regisseur Wolfgang Fischer

Im Stattkino Luzern wurde heute (20.9.2018) die Schweiz-Premiere von Wolfgang Fischers «Styx» gezeigt (Trailer). Der Regisseur war dabei und stellte sich im Anschluss den Fragen von Noëmi Landolt (WOZ) und dem Publikum.

Ein beeindruckender Film ist Wolfgang Fischer da gelungen, dessen Plot schnell erzählt ist: Notfallärztin Rike macht sich von Gibraltar aus auf den Weg zu ihrer tropischen Trauminsel 7 Grad südlich des Äquators im Atlantik – allein, in einem 12 Meter langen Segelschiff. Einem freundlichen Kontakt mit einem Handelsschiffskapitän verdankt sie eine Sturmwarnung. Sie weiss was zu tun ist, übersteht den Sturm routiniert, wenn auch kräftig durchgeschüttelt. Nach dem Sturm liegt unweit von ihr ein havariertes Flüchtlingsschiff. Jetzt weiss sie nicht mehr, was zu tun ist. Entscheiden ist ebenso unmöglich wie Handeln. Rike steckt in einem unauflöslichen Dilemma zwischen ihrer menschlichen, ärztlichen und nautischen Pflicht, der Vernunft, die sagt, dass sie allein in ihrem kleinen Boot kaum helfen kann, den harten aber wohl auch irgendwie vernünftigen Anweisungen der Behörden und der scheinbaren Indifferenz der Handelsschifffahrt.

«Was sie auch tut», sagt Wolfgang Fischer nach dem Film, «ist gleichzeitig richtig und falsch». Auch wenn sie scheinbar nichts zu tun scheint – reflektiert durch die Reaktionen des geretteten Flüchtlingsjungen, der vielleicht Kingsley heisst –, bleibt sie doch wenigstens als Beobachterin, als Zeugin vor Ort. Sie stellt sich dem Dilemma, aus dem es keinen Ausweg gibt.

Der Film zeigt stark die Emotionen, denen Rike ausgesetzt ist und denen sie sich nicht entzieht. Noch stärker fast die Leistung von Susanne Wolff, die das darzustellen vermag. Brilliant, dass das alles ohne jeglichen Anflug von Pathos gelingt. Die Betroffenheit des Zuschauers wird dadurch noch gesteigert. Die politische Botschaft, die der Regisseur nach eigener Aussage vermitteln will, hat gute Chancen anzukommen.

Also: Mal wieder ins Programmkino gehen und Leute mitnehmen, die dringend einen neuen Blick auf das Thema Flüchtlingskrise nötig haben!